Das Formel-1-Wochenende in Miami ist bislang eines ganz nach dem Geschmack von Red Bull. Max Verstappen gewann beim ersten Rennwochenende, nachdem das Aus von Adrian Newey bekanntgegeben wurde, sämtliche Sessions und auch in den Grand Prix am Sonntag geht er als der große Favorit.

Ferraris 1. Hoffnungsschimmer: Der Sprint

Doch ganz so klar wie etwa zuletzt in China ist die Ausgangslage nicht. Dort führte der Formel-1-Weltmeister die Konkurrenz schon im Sprint nach allen Regeln der Kunst vor, in Miami hielt sich der Vorsprung in Grenzen. Ferrari-Speerspitze Charles Leclerc verlor im Laufe des Sprint-Rennens nur drei Sekunden auf Verstappen. Er macht sich Hoffnungen für den Grand Prix.

"Im Sprintrennen waren wir ein bisschen näher dran als normalerweise", gab sich Leclerc optimistisch. Dass das alleine noch nicht reicht, um Verstappen den Sieg streitig zu machen, ist aber auch ihm klar. "Wenn wir eine ähnliche Pace haben wie heute Morgen, dann denke ich, dass man mit der Strategie immer ein bisschen mehr Druck machen kann", erklärte der Monegasse am Samstag.

Ferraris 2. Hoffnungsschimmer: Der Start

Sein Fahrplan für das Rennen sieht simpel aus. Zuerst einmal müssen der Start und die Startrunde klappen und zwar besser als noch im Sprint: "Die erste Runde wird sehr wichtig sein, um zu sehen, ob wir in DRS-Reichweite von Max bleiben können."

Nach dem Kurzrennen ärgerte Leclerc sich darüber, dass er den DRS-Kontakt mit Verstappen schon früh verloren hatte und anschließend mit 1,5 bis 2 Sekunden Rückstand zwar die verwirbelte Luft des WM-Leaders abbekam, allerdings nicht mehr den Flügel flachstellen konnte. In Miami ist mit drei DRS-Zonen der Klappflügel-Vorteil besonders groß. "Aber das beste Szenario wird es sein, wenn wir vor Max kommen, und das entscheidet sich alles am Start", ist er überzeugt.

Polesetter Max Verstappen (Red Bull) gewinnt den Start vor Charles Leclerc (Ferrari) und Sergio Perez (Red Bull)
Die Startphase in den Miami-Sprint, Foto: Getty Images / Red Bull Content Pool

Was dahingehend Hoffnung macht: Bereits im Sprint kam Verstappen von der - eigentlich besseren - linken Seite nicht gut aus seiner Startbox. Er hatte vor Kurve 1 einiges an Mühe, um Leclerc hinter sich zu halten. Schlechte Starts von Verstappen sind in der jüngeren Vergangenheit eher Mangelware geworden, aber die schlechten Grip-Verhältnissen beim Formel-1-Wochenende in Miami bereiteten dem Dreifach-Champion an diesem Wochenende schon mehrfach Kopfzerbrechen, eben auch auf den ersten Sprint-Metern.

Ferraris 3. Hoffnungsschimmer: Die Strategie & Longruns

Ohne eine geglückte Startphase, da macht sich Leclerc keine Illusionen, schwinden die Hoffnungen auf einen Triumph über den Formel-1-Goliath aus den Niederlanden und aus Milton Keynes massiv. Carlos Sainz, der bei Rennprognosen normalerweise vorsichtiger bleibt als Leclerc, blies ins Strategie-Horn: "Dadurch, dass wir zwei Autos vorne haben, können wir Max und Red Bull hoffentlich unter Druck setzen."

Qualifying Top-3: Charles Leclerc (Ferrari), Polesetter Max Verstappen (Red Bull) und Carlos Sainz Jr. (Ferrari)
Zweimal Ferrari, einmal Verstappen: Haben Leclerc und Sainz eine Chance?, Foto: Getty Images / Red Bull Content Pool

Elf Rennen beziehungsweise 232 Tage ist es her, dass Ferrari die Bullen auf der Strecke besiegen konnte - zumindest ohne technische Unterstützung durch Defekte. Bei Red Bull hat man die Roten in ihrer blau gestreiften Sonderlackierung für Miami allerdings durchaus auf dem Zettel. "Die beiden Ferraris müssen wir auf alle Fälle im Kalkül berücksichtigen", sagte Red-Bull-Motorsportberater Dr. Helmut Marko im ORF-Interview. Aufgrund der fehlenden Longruns lässt sich für ihn kaum abschätzen, wie die Gemengelage an der Spitze des Feldes tatsächlich aussieht.

Das Bild des Sprints kann nur bedingt für bare Münze genommen werden. Denn, wie Leclerc festhielt: "Wir haben einiges an Feinabstimmung an unserem Auto vorgenommen. Wir sind zuversichtlich, dass wir einen Schritt nach vorne gemacht haben." Bei allem Optimismus: Man kann aber auch bei Red Bull davon ausgehen, dass die Parc-Ferme-Öffnung zwischen Sprint und Qualifying für Setup-Anpassungen genutzt wurde.

Was ist eigentlich mit McLaren?

Mercedes und Aston Martin können bei der Suche nach Podiums-Favoriten für das Rennen wohl ignoriert werden. Unter normalen Umständen scheinen beide keine Rolle im Kampf um die Top-3 spielen zu können. Damit bleibt nur noch ein Team übrig: McLaren.

Die Papaya-Orangenen waren für manche Beobachter die Enttäuschungen des Sprints. Im Sprint-Qualifying waren Lando Norris und Oscar Piastri auf Medium-Reifen noch voll im Geschäft dabei, sogar um Platz 1. Im Sprint konnte Piastri (Norris schied ja bereits früh aus) mit derselben Bereifung nicht aus der Verfolgergruppe hervorstechen.

McLaren-Fahrer Oscar Piastri
McLaren enttäuschte im Sprint und Qualifying, Foto: LAT Images

Das stelte auch Marko fest: "Wir waren etwas überrascht, dass die McLaren nicht den Speed gezeigt haben, den sie vor dem Sprint gezeigt haben", sagte er im ORF-Interview. Auch was die Qualifying-Pace angeht, hatten sich viele nach den Früh-Erkenntnissen des Wochenendes mehr vom MCL38 ausgerechnet - sowohl im Freitags-Qualifying, als auch am Samstag.

Das hatte im Qualifying auch äußere Einflüsse als Ursache. Norris, der schnellere Fahrer des Duos, setzte seine einzige Soft-Runde in Q3 erst im zweiten Versuch als die Streckenbedingungen schlechter waren. Ferrari wittert vor allem auf dem Medium-Reifen Gefahr, die von Team Woking ausgehen könnte. "Ich denke McLaren wird auf dem Medium-Reifen schneller sein. Sie muss man auf der Rechnung haben", so Sainz.

"Ich glaube noch immer, dass bei McLaren Potenzial steckt", ist sich auch Marko trotz des enttäuschenden Sprints sicher. Der Medium-Vorteil spielt McLaren vor allem deshalb in die Karten, da der gelbe Reifen in der Rennstrategie beinahe alternativlos erscheint. Dem weichen Reifen trauen die wenigsten Teams etwas zu, für eine 1-Stopp-Strategie hält er nur mit starkem Management lange genug durch. Eine 1-Stopp mit Medium-Hard ist die wahrscheinlichste Variante.